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Abschnitte dieses Kapitels
v 2.1 Persönliche Erfahrungen mit der Nutzung des Internet
v 2.2 Ansätze für eine Nutzung und Behandlung des Internet in meinem Unterricht
v 2.3 Die Entwicklung des Internet zu einem Massenmedium

2 Begründung des Themas

Eine Grundlage meiner Begründung ist die folgende These, die ich im weiteren Verlauf begründen werde:

These
Auf globaler Vernetzung basierende Medien wie das Internet mit seinen Diensten werden in naher Zukunft sowohl in die Berufswelt als auch in das Privatleben sehr vieler Menschen in den Industrienationen Eingang finden und diese nachhaltig beeinflussen.

Bevor ich diese These belege, möchte ich anhand eigener Erfahrungen schildern, worin für mich selbst die Bedeutung des Internet als Medium liegt, um dann einen Zusammenhang mit der schulischen Behandlung des Themas herzustellen. Diese eigenen Erfahrungen sind eine Grundlage meiner Erkenntnis, daß das Internet in der Schule als Medium genutzt und als Inhalt behandelt werden sollte.

2.1 Persönliche Erfahrungen mit der Nutzung des Internet

Während meines Studiums habe ich relativ häufig an den Rechnern der Universität-Gesamthochschule Paderborn arbeiten müssen und so die Vorzüge eines lokalen Netzes zu schätzen gelernt. Im Laufe des Studiums erfuhr ich, daß die Möglichkeit, elektronische Post ("electronic mail"3, kurz: "Email"4) zu verschicken und zu empfangen, eine sehr effiziente Form von privater, zeitversetzter Kommunikation darstellt. Neben Verabredungen mit Freunden, die zu anderer Zeit an anderen Rechnern in der Uni sitzen konnten, konnten auch die Lösungen zu Übungszetteln einiger Veranstaltungen auf diesem Weg beim Korrektor abgegeben werden.

Daß das lokale Rechnernetz der Uni ein Bestandteil des Internet ist, lernte ich zuerst bei dem Dienst News zu schätzen. Die hierarchisch gegliederten und thematisch gut sortierten als Newsgruppen bezeichneten Diskussionsforen, in denen potentiell alle Benutzer des Internet öffentlich und zeitversetzt miteinander kommunizieren können, stellen ein günstiges Hilfsmittel dar, wenn es darum geht, spezielle Fachfragen einer breiteren Öffentlichkeit vorzulegen, um Mitfahrgelegenheiten zu organisieren, um in "Fundgruben" nach günstigen Angeboten zu stöbern, oder auch einfach um Meinungen zu gesellschaftlich relevanten Themen auszutauschen. Tatsächlich ist das Echo auf einen Diskussionsbeitrag ("Artikel") in einer Newsgruppe nicht selten sehr hoch, so daß die Erfolgsaussichten bezüglich der Beantwortung einer Fachfrage günstig sind - häufig hat sich einem anderen Leser der Newsgruppe bereits das gleiche Problem gestellt.

Die Möglichkeiten des Dateitransportes nutze ich regelmäßig, zum Beispiel um frei verfügbare Programme von anderen Rechnern zu laden. Die Fernsteuerung ("Remote Access") anderer Rechner über das Internet bzw. den hochschulinternen Teil desselben war ein günstiges Hilfsmittel während der ersten Staatsexamensarbeit, um notwendige Testläufe eines Programms auf verschiedene Rechner zu verteilen.

Private wie öffentliche zeitgleiche Kommunikation mit einzelnen oder vielen Kommunikationspartnern in Form von zeilenweise übermittelten Botschaften im "Internet Relay Chat" (IRC) stellte vor allem eine angenehme Abwechslung beim Warten auf Testergebnisse dar und führte zu einigen oberflächlichen "Bekanntschaften", an die einige Postkarten aus weltweit verstreuten Ländern erinnern.

In "Multi User Dungeons" (MUDs) können weltweit verstreute Benutzer in die Rollen von Charakteren schlüpfen und gemeinsam an einem Tag und Nacht laufenden Abenteuerspiel ("Adventure") teilnehmen. Die Beschäftigung mit MUDs erlebte ich als fesselnd und spannend, es stellte eine bisher nicht gekannte Form des Spielens dar. Da eine intensive Beschäftigung jedoch viel Zeit kostet, habe ich sie nur über einen kurzen Zeitraum ausgeführt.

Zur Informationssuche im Netz konnte ich gegen Ende meines Studiums erstmals auch den Dienst World Wide Web (WWW) nutzen, der vermutlich den jetzt zu beobachtenden massenhaften Andrang auf das Internet gefördert hat. Sind die meisten zuvor existierenden Internet-Dienste über vorwiegend textbasierte Oberflächen zugänglich und bedarf die Verbreitung von Informationen via Email und News einer genauen Angabe der Zielgruppe (bestimmte Newsgruppen, bestimmte über Email erreichbare Personen), so ist es durch das World Wide Web möglich, Dokumente auf einem beliebigen Rechner im Internet zum weltweiten Abruf abzulegen und in diese Dokumente auch Grafiken und Töne bis hin zu Videosequenzen einzubringen sowie Textattribute und Gliederungshilfen zu benutzen. Außerdem können die Dokumente miteinander verkettet werden, stellen also sogenannte Hypertexte dar, wodurch eine weltweite Verknüpfung verschiedenster Dokumente ermöglicht wird. Leistungsfähige Suchmaschinen ermöglichen eine verhältnismäßig gezielte Suche nach Dokumenten im World Wide Web.ˆ

2.2 Ansätze für eine Nutzung und Behandlung des Internet in meinem Unterricht

Diese Beschreibung meiner persönlichen Nutzung läßt schon erahnen, daß das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium im Unterricht zu gebrauchen ist. Konkret ergaben sich für mich zum Beispiel an folgenden Stellen Einsatzmöglichkeiten, die ich damals aber mangels Verfügbarkeit des Internet in der Schule nicht nutzen konnte:

Die sogenannten Masterideen der Informatik - Sprache, strukturierte Zerlegung und Algorithmisierung5 - finden viele Repräsentationen bei der Untersuchung der Struktur und Funktionsweise des Internet, weshalb sich eine Beschäftigung damit im Informatikunterricht anbietet.

Auf der Grundlage von der Kenntnis von Anwendungen, Grundstrukturen und Funktionsweise des Internet können die Schülerinnen und Schüler zu einer kritischen Analyse und Reflexion gesellschaftlicher Auswirkungen globaler Rechnernetze befähigt werden.

Eine Aufarbeitung der Wirkungen des Mediums Internet, eine Erziehung zu einer überlegten Nutzung unter Abwägung von Handlungsalternativen sowie eine Vermittlung der Fähigkeit zur eigenen Mediengestaltung und der Medienanalyse und -kritik erscheinen mir dringend geboten. Dieses entspricht den typischen Aufgabenbereichen6 einer Medienerziehung, "wenn das Ziel eines sachgerechten, selbstbestimmten und sozialverantwortlichen Handelns im Zusammenhang mit Medien erreicht werden soll" 7.

Da diese Vorstellungen einer Nutzung und Behandlung des Internet im Unterricht noch recht vage sind, bedarf es einer fundierteren Betrachtung unter didaktischen und methodischen Gesichtspunkten, um zu einer gesicherten Beurteilung von Sinn oder gar Notwendigkeit von Internet in der Schule zu gelangen. Daraus ergab sich die Motivation für die vorliegende Arbeit.ˆ

2.3 Die Entwicklung des Internet zu einem Massenmedium

Bereits auf Seite 5 habe ich die These formuliert, daß Medien wie das Internet mit seinen Diensten von vielen Menschen beruflich oder privat genutzt werden. Belegen läßt sich diese These mit dem Boom, den die Internet-Provider derzeit erleben. Durch neue Technologien wie das ATM-Breitbandnetz8, auf deren Basis seit September 1995 das die Forschungseinrichtungen an das Internet anbindende Wissenschaftsnetz ausgebaut wird9, werden entstehende Engpässe durch die vielen hinzukommenden Benutzer ausgeglichen werden.

Unterstützt wird die These außerdem durch die quantitative Entwicklung der an das Internet angebundenen Rechner. Hierüber gibt es letztlich zwar keine exakten Zahlen, da sich zum Beispiel weder durch Wählverbindungen angeschlossene Rechner sicher erfassen lassen noch solche, die nur sogenannte "private" Adressen besitzen. Dennoch zeigt die Entwicklung der nach hier nicht zu explizierenden Verfahren festgestellten Anzahl angebundener Rechner eine deutliche Tendenz:

Hosts in der Domain DE (Diagramm)Hosts im Internet (Diagramm)

Die Anzahl der Namen von Rechnern, die der Top-Level-Domain10 DE (Deutschland) zugeordnet sind, bezieht sich jeweils auf den Stand Ende April der auf der Abszisse abgetragenen Jahre11 nach einer Zählung nur europäischer Rechner. Die Anzahl der Namen von Rechnern, die international dem Internet angehören, bezieht sich auf den letzten in dem jeweiligen Jahr ermittelten Stand12; für 1996 wurden im Januar ca. 9½ Millionen solcher Hosts registriert. Das Wachstum des Internet hat in den vergangenen Jahren also drastisch zugenommen, und eine Abnahme des Wachstums ist derzeit noch nicht abzusehen.

Durch die globale Vernetzung können irgendwo verfügbare Daten zu relativ geringen Kosten weltweit an jeden vernetzten Rechner transportiert werden. Dadurch bekommen Datensammlungen jeder Art neue Qualitäten: für eine Veröffentlichung von Informationen können sehr kostengünstige Vertriebswege gefunden werden, Publikationen, die bisher nur einer kleinen Öffentlichkeit zugänglich waren, können auf einfache Weise weltweit veröffentlicht werden, das Zusammenführen von Daten (auch von personenbezogenen Daten!) wird vereinfacht, Recherchen in internationalen Datenbeständen sind schnell ausführbar.

Da auch Bild und Ton in binär kodierte Daten umgesetzt werden können, ist auch die Übermittlung von Telefonaten und der Aufbau von Videokonferenzen realisierbar. Bereits heute ist es möglich, über das Internet zu telefonieren13. Aufgrund der Kostenstruktur des Internet entstehen dabei privaten Gesprächspartnern häufig wesentlich geringere Kosten als beispielsweise in einem Ferngespräch.

Durch neu entwickelte Kompressionsverfahren14 können Bild- und Tondaten derart komprimiert werden, daß neuartige interaktive Fernsehprogramme sich der gleichen Technologie wie das Internet bedienen könnten15.

Die erkennbare universelle Nutzbarkeit des Internet stellt eine weitere, qualitative Untermauerung der These dar.

Daraus läßt sich ableiten, daß sich das Internet zunehmend zu einem universellen Informations- und Kommunikationsmassenmedium entwickelt. Im Rahmen der Medienerziehung halte ich aufgrund der zuvor aufgeführten Entwicklung eine Behandlung des Mediums Internet für sinnvoll und langfristig auch notwendig.

Allerdings sind auch einige kritische Anmerkungen notwendig, die deutlich machen, daß die Schulen hinsichtlich der Einbeziehung des Internet bisher noch nichts verpaßt haben:

Es bleibt zu hoffen, daß durch das verstärkte Engagement der Schulen selbst sowie mehrerer Schulbuchverlage im Internet bald auch didaktische wie methodische Hilfen verfügbar sind, die eine sinnvolle Nutzung im Unterricht vereinfachen.

Häufig werden die entstehenden Kosten als Argument gegen einen Internet-Zugang angeführt. Diese lassen sich für Schulen allerdings auf verschiedene Weise gering halten, wenn die notwendige Infrastruktur in Form eines vernetzten Computerraumes vorhanden und zugänglich ist. Viele Universitäten bieten einen kostenlosen Zugang an, ebenso bieten andere Provider Schulen verbilligte oder sogar kostenlose Zugänge an. Die Telefongebühren belaufen sich bei einer ISDN-Wählverbindung18 im City-Tarif tagsüber auf zur Zeit 3,60 DM pro Unterrichtsstunde, wenn wirklich 45 Minuten lang die Verbindung aufrechterhalten wird. Dieses entspricht in etwa den Kosten für einen Klassensatz Kopien.

Einige der Internet-Dienste (Mail, News) sollten sowieso offline genutzt werden - nicht zuletzt, um eine Kontrolle über abonnierte Newsgruppen zu ermöglichen -, so daß für diese bei nächtlicher Einwahl nicht erwähnenswerte Kosten anfallen. Im Rahmen der Gestaltung eigener World Wide Web-Dokumente genügt ebenfalls ein lokaler HTTP-Server19 ohne laufende Kosten, der einen Zugriff auf die erstellten Seiten erlaubt. Daneben gibt es derzeit viele Fördermöglichkeiten im Rahmen der weiter unten beschriebenen Projekte des Bundes und zum Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen, so daß das Kostenargument unter der Voraussetzung der bestehenden Infrastruktur derzeit entkräftet werden kann.

Allerdings wäre es meines Ermessens überzogen, von einer "Müllhalde von schlecht recherchierten, katastrophalen Texten"21 zu sprechen. Um einer solchen Entwicklung, wie sie in dem Buch Stolls als Fakt beschrieben wird, entgegenzuwirken, bedarf es gerade einer Aufarbeitung des Mediums Internet in der Schule.ˆ


Fußnoten:
3 Hier wie im folgenden verzichte ich dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend darauf, englischen Fachbegriffe vollständig zu übersetzen.
4 Hierfür finden sich verschiedene Schreibweisen, zum Beispiel auch E-Mail, e-mail, EMail, email.
5 Vgl. [SCHW91], der auch die Bezeichnung Masteridee verwendet.
6 Vgl. [TULO92], S. 68ff.
7 [TULO92], S. 46.
8 ATM steht für Asynchroner Transfermodus. Diese Technologie ermöglicht Übertragungsraten von 155 Mbit/s.
9 Vgl. [QUAN95].
10 Die Rechnernamen unterliegen im Internet einer hierarchischen Ordnung von nur wenigen Ebenen. Die obere Ebene wird als Top-Level-Domain bezeichnet.
11 Vgl. [RIPE96].
12 Vgl. [LOTT96].
13 Vgl. [WILD96].
14 Beispiele sind das Nuveq-Verfahren, das eine schnelle und mit einer Kompressionsrate von 60:1 auch sehr wirksame Kompression bietet (vgl. [BORC96]), oder die fraktale Bildkompression (vgl. [ITER96]).
15 Vgl. [BORC96].
16 Clifford Stoll, zitiert in [MART96].
17 [MART96].
18 ISDN bedeutet Integrated Services Digital Network und ist ein Datennetz auf digitaler Grundlage, auf das das herkömmliche Telefonnetz schrittweise umgestellt wird. Es erlaubt Datenübermittlungen mit einer Übertragungsrate von 64Kbit/s je Kanal, wobei standardmäßig zwei solcher Kanäle zur Verfügung stehen.
19 Ein Rechner, auf dem eine Anwendung das Hypertext Transfer Protocol (HTTP) zur Übermittlung auf diesem Rechner abgelegter Daten verwendet, wird als HTTP-Server bezeichnet. Synonym werden solche Rechner auch als WWW-Server oder Web-Server bezeichnet, da das World Wide Web auf dem HTTP basiert.
20 Vgl. [SP1196] und [DREW95].
21 [MART96].


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