In exemplarischen Projekten und Modellversuchen, die in etlichen Publikationen
zitiert wurden, wurde vor allem gezeigt, daß Email und News als Unterrichtsmedien
geeignet sind. Zwar ist bei den geschilderten Projekten zu hinterfragen, inwieweit
das neue Medium höchstens motivationalen Anschub gab und ob die Projekte nicht
vor allem durch den fächerübergreifenden, projekt- und lebensweltorientierten
Charakter und weniger durch den Einsatz des Mediums Internet zu Erfolgen
wurden,
aber es ist immerhin festzustellen, daß Schülerinnen und Schüler das
Medium Internet in Teilbereichen sachverständig zu nutzen gelernt haben.
Über eine Nutzung des Internet als Inhalt oder Medium im Informatikunterricht
habe ich bisher nur wenige Berichte gefunden, obwohl in vielen Schulen mit
Internet-Anbindung die Informatikunterrichtenden die Initiative ergriffen haben,
wie einigen Artikeln der Presse entnommen werden kann und es meinen eigenen
Erfahrungen aus Gesprächen mit Informatiklehrern entspricht.
Dennoch sehe ich Inhalte, die durch das Internet neu in den Informatikunterricht gelangen. Dabei geht es in erster Linie um das Internet als Unterrichtsgegenstand, der in verschiedenen Jahrgangsstufen und auf verschiedenen Niveaus behandelt werden kann. Einen Schwerpunkt lege ich dabei auf die Nutzung der online zu nutzenden Dienste beziehungsweise auf einer integrierten Nutzung von Online- und Offline-Diensten.
Im folgenden möchte ich einige Inhalte aufzählen, die ich für bedeutsam halte. Ich gehe dabei nicht von den sowieso in Richtlinien aufgeführten Inhalten aus, sondern von den Inhalten, die sich durch das Internet ergeben.
Trotzdem lassen sie sich auch auf der Grundlage der maßgeblichen Richtlinien
begründen. Einige in der Literatur vorgeschlagenen Inhalte wie zum Beispiel
Komprimierungsalgorithmen kommen zwar im Internet zur Anwendung, stellen aber
meiner Meinung nach keine durch das Internet neu hinzukommende Unterrichtsinhalte
dar, weshalb ich sie hier nicht eigens erwähne.
Die folgenden Inhalte sollten Bestandteile des Informatikunterrichts sein,
soweit technische Gegebenheiten in den Schulen vorhanden sind.
Zu diesen Inhalten komplette Unterrichtsreihen vorzustellen, würde den
Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher beschränke ich mich darauf, die wichtigsten
der jeweils zu verfolgenden Lernziele aufzuführen.
Die Lernziele entstammen vielfach dem Bereich Medienerziehung, der Bestandteil
jeden Unterrichtsfaches ist, so daß damit zugleich auch Lernziele für
den Informatikunterricht gegeben sind. Die jeweils aufgeführten Lernziele
stellen nur eine Auswahl derjenigen dar, die spezifisch auf das Internet bezogen
sind. Eine Auflistung aller weiteren Lernziele aus dem kognitiven und dem affektiven
Bereich würde es unnötig erschweren, die durch das Internet neu entstandenen
Lernziele zu erkennen.
Diese besonders im Bereich Medienerziehung anzusiedelnden Unterrichtsinhalte
bilden eine Grundlage für den weiteren Umgang mit dem Internet und sind als
obligatorisch zu betrachten.
In den vorläufigen Richtlinien zur informations- und kommunikationstechnologischen
Grundbildung (IKG) in Nordrhein-Westfalen wird festgestellt:
"Übergeordnetes Ziel der Grundbildung ist es, daß die Schülerinnen und Schüler Zusammenhänge und Wechselwirkungen und die Bereitschaft entwickeln, sich für eine sachlich angemessene und sozial wie individuell verantwortbare Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien einzusetzen.
Mit den Informations- und Kommunikationstechnologien wird ein zunehmend bedeutsamer und gleichzeitig sehr komplexer Aspekt unserer Lebenswelt zum Gegenstand von Lehren und Lernen".
Die Nutzung, Gestaltung und kritische Analyse ausgewählter Dienste des Internet ist meines Ermessens ein wichtiger Beitrag zur IKG, obwohl er zu keinem der in den Richtlinien aufgeführten Bereiche "'Prozeßdatenverarbeitung', 'Textverarbeitung, Dateiverwaltung und Kalkulation' sowie 'Modellbildung und Simulation'" der IKG gehört. Hinsichtlich der zunehmenden Bedeutung globaler Rechnernetze wie dem Internet als vernetzte Informations- und Kommunikationssysteme halte ich eine Behandlung der aufgeführten Inhalte im Rahmen der IKG für sinnvoll und möchte eine entsprechende Erweiterung der Bereiche in den vorläufigen Richtlinien anregen. Da sich eine Erarbeitung verschiedener Aspekte dieser Inhalte in unterschiedlichen Fächern anbietet, ist eine Einpassung in die organisatorischen Gegebenheiten der IKG leicht zu bewerkstelligen.
Besonderer Wert muß bei der Thematisierung einzelner Dienste des Internet darauf gelegt werden, daß nicht nur die Nutzung und Gestaltung behandelt sondern unbedingt auch eine kritische Analyse der Dienste durchgeführt wird, da erst hierdurch ein sachverständiger Umgang in sozialer Verantwortung ermöglicht wird.
Im Sinne eines handlungsorientierten Unterrichts ist eine hohe Eigenaktivität
der Schülerinnen und Schüler gewährleistet. Die inhaltliche Nutzung
der Dienste von dem Informatikunterricht zu trennen, halte ich nicht für
sinnvoll. Da eine rein theoretische Vermittlung der Internet-Dienste aus Gründen
mangelnder Schüler- und Handlungsorientierung ausscheidet, müssen die
Dienste im Informatikunterricht auch genutzt werden. Eine sachverständige Nutzung
setzt voraus, daß inhaltlich motivierende Themenstellungen zur Nutzung
bereitgestellt oder erarbeitet werden, womit ich bisher gute Erfahrungen gemacht habe.
Dennoch sollte die Nutzung zusätzlich in anderen Fächern geschehen, nachdem
im Informatikunterricht oder im Rahmen der IKG eine Einführung gegeben wurde.
Eine Nutzung und Gestaltung der Dienste ist also unter ein übergreifendes
Thema zu stellen, weshalb sich fächerübergreifender und projektorientierter
Unterricht in besonderer Weise zur Verwirklichung der nachfolgenden Lernziele anbietet.
Die Schülerinnen und Schüler sollen
Der Aufbau eines eigenen Informationssystems unter einem bestimmten Thema mit Recherche sowohl im Internet als auch in herkömmlichen Medien ermöglicht das Erreichen vieler der genannten Lernziele. Die Reflexion gesellschaftlicher Auswirkungen globaler Rechnervernetzung und vernetzter Medien kann durch geeignete Kurzgeschichten angeregt werden.
Protokollsprachen bilden das Rückgrat des Internet insofern, als daß durch sie erst sämtlicher Datenaustausch ermöglicht wird. Um ein tieferes Verständnis für die Funktionsweise des Internet zu gewinnen, ist eine Kenntnis der Aufgaben von Protokollsprachen erforderlich. Allerdings kann es nicht Lernziel sein, die verschiedenartigen Protokolle im Internet im Detail zu kennen, sondern es müssen vor allem grundlegende Prinzipien vermittelt werden. Dieser Unterrichtsinhalt bietet vorwiegend informatische Aspekte aus den Bereichen Sprache, strukturierte Zerlegung und Algorithmisierung.
Lernziele und Unterrichtsablauf hierzu werden in einem eigenen Kapitel vorgestellt.
Das Internet ermöglicht den Transport beliebiger binär kodierbarer Daten zwischen angebundenen Rechnern an beliebigen Orten. Neben den bisher etablierten Diensten, von denen die Schülerinnen und Schüler einige schon kennengelernt haben sollten, können beliebige eigene Programme diese Datenverbindung nutzen.
Im Rahmen der häufig in der Jahrgangsstufe 13 angesiedelten Projektarbeit könnte ein Angebot an die Schülerinnen und Schüler die Erstellung einer Internet-Applikation sein, die einen neuen Dienst realisiert. Denkbar wäre zum Beispiel die Programmierung einer Client-Server-Datenbank, die durch Eingaben und Abfragen an den Clients verwaltet und genutzt werden kann. Mit Hilfe der Socket-Programmierschnittstelle wäre es möglich, diese Anwendung als echte Internet-Anwendung potentiell allen Internet-Benutzern zur Verfügung zu stellen. In einem solchen Projekt könnten diverse Aspekte der Oberstufeninformatik Berücksichtigung finden:
Voraussetzung für ein solches Projekt wäre natürlich ein inhaltlich ansprechendes Zielprodukt, erste Ideen könnte eine Datenbank mit Klausuraufgaben liefern, zu der nur berechtigte Nutzer Zugang haben. Vermutlich werden hier die Schülerinnen und Schüler hinreichend gute eigene Ideen entwickeln, die sich in einer projektorientierten Arbeitsphase umsetzen lassen. Ansonsten finden sich im Abschnitt Telearbeit und telekooperatives Arbeiten mit dem Internet weitere Ideen für Projekte.
Spezifische Lernziele bezogen auf das Internet sind die Fähigkeit, erläutern zu können, weshalb das Internet über die bisher verfügbaren Diensten hinaus ein universelles Medium zur Rechnerkommunikation darstellt, und die Fähigkeit zum Schreiben eigener Internet-Anwendungen. Weitere Lernziele sind in dem Abschnitt über Datenschutz und Datensicherheit im Internet und im Kapitel Grundlagen der Protokollsprachen aufgeführt, weshalb ich sie hier nicht vorwegnehme.
Telearbeit ist eine bereits heute realisierte Form der Arbeit, bei der die
Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer seine Leistung nicht mehr unter physischer
Anwesenheit im Betrieb erbringt, sondern zum Beispiel am heimischen Rechner, der
als Internet-Rechner via Telefonleitung mit dem Betrieb zeitweise oder dauerhaft
verbunden sein kann. Genutzt werden kann diese Form, wenn eine dauerhafte
Anwesenheit an der Arbeitsstätte nicht erforderlich ist. Am Forschungszentrum
Jülich wird zum Beispiel erprobt, hierdurch vor allem Frauen den Wiedereinstieg
in den Beruf nach einer "Familienpause" zu erleichtern. So kann die
Arbeitskraft hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer früher
wieder für den Arbeitgeber verfügbar gemacht werden und die Arbeit
dabei freier in den familiären Tagesablauf eingegliedert werden.
Allerdings sind mit der Telearbeit auch kritisch zu betrachtende Entwicklungen
verbunden, wie zum Beispiel die Verlagerung von Arbeitsplätzen in
Billiglohnländer, in denen beispielsweise das Jahresgehalt eines
Programmierers nur etwas mehr als ein Vierzehntel dessen eines westdeutschen
Programmierers liegt. Auch die Schwierigkeiten , die durch eine mediale
anstelle einer direkten Kommunikation auftreten können, sollten
Berücksichtigung finden. Die Gefahr der Isolation und Vereinsamung durch
fehlenden direkten Kontakt kann ebenfalls durch einen Telearbeitsplatz
verstärkt werden.
Unter telekooperativer Arbeit versteht man eine kooperative Arbeit, die
Telekommunikation als Medium nutzt. Beispiele hierfür sind Teledienste
wie die "Multimedia Collaboration", bei der neben einer Video- und
Audiokonferenz über das Internet beliebige Anwendungen gemeinsam genutzt
werden können. Im Informatikunterricht läßt sich
telekooperative Arbeit mit Hilfe des Internet auch konkret umsetzen, wenn in
Kooperation mit einem Informatikkurs an einer anderen Schule ein Projekt
beispielsweise im Bereich der Softwareerstellung geplant und durchgeführt
wird. Mittels Email und gegebenenfalls selbst erstellter Dienstprogramme
läßt sich die Kommunikation zwischen den Arbeitsgruppen zum Beispiel
zur Beschreibung der Schnittstellen realisieren, so daß die Gruppen
einzelne Module erstellen, die schließlich zu einem Programm
zusammengeführt werden. Natürlich bedarf ein derartiges
Unterrichtsprojekt der gut funktionierenden Kooperation zwischen verschiedenen
Schulen, weshalb vermutlich eine Kooperation zwischen Partnerschulen die
größte Aussicht auf Erfolg hätte. Ein motivierendes und
anspruchsvolles Zielprodukt muß ausgesucht werden, das eine arbeitsteilige
Erstellung in Kleingruppen ermöglicht.
Ein Vorschlag hierzu ist die Entwicklung eines Teleshopping-Centers:
neben einer Datenbank zur Verwaltung der Produktdaten wird ein Modul zur
Darstellung der Produkte über das Internet benötigt sowie ein
weiteres Modul, das einen Online-Zahlungsverkehr regelt bzw. simuliert.
Durch geeignete Reduktionen im Funktionsumfang des Produktes kann das
Anspruchsniveau an verschiedene Lerngruppen angepaßt werden.
Alternativ könnte mit deutlich weniger Aufwand ein Spiel entwickelt
werden, das mit mehreren Spielern über das Internet gespielt werden kann.
So wäre zum Beispiel eine Implementation von
"Mensch-ärgere-Dich-nicht" auf dem Internet denkbar, bei dem die
Spieler von beliebigen Rechnern aus mitspielen könnten sowie nicht
teilnehmende Spieler durch einen beteiligten Rechner simuliert werden.
Diese Alternative dürfte die Schülerinnen und Schüler sehr
ansprechen, da Spiele erfahrungsgemäß sehr gerne programmiert
werden. Allerdings muß Wert darauf gelegt werden, daß die
Bildschirmgestaltung nicht in eine Bastelarbeit ausarbeitet, die kaum
noch ideenorientierten Zugang zuläßt. Schwerpunkte sollten
statt dessen auf der Entwicklung und Implementierung einer Strategie
für die mitspielenden "Computer-Spieler" sowie auf der
Entwicklung eines geeigneten Protokolls zur Übermittlung der
Spielinformationen gelegt
werden.
Durch diese konkrete Erfahrungen der Möglichkeiten und Schwierigkeiten
bei telekooperativer Arbeit wird ermöglicht, im Anschluß an die
Softwareerstellung "eine Analyse der Möglichkeiten und Gefahren aus
betrieblicher, arbeitsrechtlicher, volkswirtschaftlicher und soziologischer
Sicht" durchzuführen. Die Entwicklung von Szenarien von
möglichen Telearbeitsplätzen in verschiedenen Bereichen kann
hierbei hilfreich sein.
Spezifische Lernziele für den geschilderten Inhalt lassen sich
wie folgt formulieren:
Die Schülerinnen und Schüler sollen
Datenschutz und Datensicherheit waren auch schon vor der Entstehung des Unterrichtsthemas Internet obligatorische Inhalte. Jedoch bedeutet es einen qualitativen Unterschied, ob personenbezogene Daten auf einem isolierten Rechner oder einem Rechner in einem gegen Zugriffe Dritter abgesicherten Firmennetz gespeichert sind oder ob sie auf einem Rechner in einem globalen Rechnernetz abgelegt sind. Durch die Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten im Internet sind Persönlichkeitsrechte in besonderer Weise betroffen, da aufgrund der Struktur des Internet beispielsweise die Transportkontrolle nicht sichergestellt werden kann. Eine Preisgabe im Internet ermöglicht gegenüber anderen Kommunikationsformen - wie zum Beispiel Aushängen in der Schule und Briefen - weitergehende Mißbrauchsmöglichkeiten (automatisierte Verarbeitung, Verfälschung, usw.). In den 1993 veröffentlichten Richtlinien für den Informatikunterricht in der Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen wird daher festgestellt:
"Die Vernetzung von informationsverarbeitenden Systemen wird zukünftig [...] wegen zunehmender Gefahren durch Mißbrauch Eingang in den Unterricht finden müssen."
Unter der Voraussetzung, daß die Schülerinnen und Schüler
hinreichend viele Kenntnisse über die Funktionsweise des Internet gewonnen
haben, kann im Rahmen einer Unterrichtsreihe zu Problemen des Datenschutzes
oder im Rahmen der Unterrichtsreihe Grundlagen der Protokollsprachen die
Datensicherheit im Internet thematisiert werden.
Eine geeignete Problematisierung läßt sich zum Einstieg sehr
gut mit einer Kurzgeschichte realisieren, in der ein Szenario entworfen
wird, das mögliche Folgen mangelhaften Datenschutzes aufzeigt
Um Datenübermittlungen im Internet sicherer zu gestalten, bietet sich der Einsatz kryptographischer Verfahren an. Eine Unterrichtsreihe zu diesem Thema würde sich daher im Anschluß anbieten. Sie soll hier aber nicht weiter ausgeführt werden, da in diesem Fall das Internet kein Unterrichtsinhalt wäre. Da sich aber zur Kryptographie neben allgemeinen Informationen auch konkrete Beschreibungen und Implementationen einiger Algorithmen im World Wide Web sowie Diskussionen über Möglichkeiten und Gefahren des Einsatzes kryptographischer Verfahren in Newsgruppen finden lassen, kann der Einsatz des Internet als Medium sinnvoll sein, soweit aktuelle Entwicklungen diskutiert werden sollen.
Zu den zusätzlichen Lernzielen einer Unterrichtseinheit zu Datenschutz und Datensicherheit im Internet gegenüber einer allgemeinen Reihe zu Datenschutz und Datensicherheit gehört, daß die Schülerinnen und Schüler
Durch das Internet wird es nun quasi jedermann ermöglicht, eigene
Meinungen oder Informationen einer sehr breiten Öffentlichkeit vorzustellen.
Eine weltweit verfügbare Publikation zu erstellen, muß weder
erheblichen Kosten- noch besonderen Zeitaufwand bedeuten.
Die "Homepages", mit denen sich viele Leute im World Wide Web
selbst vorstellen, sind ein Zeugnis dafür. Häufig wird der Text
um Grafiken und Bilder ergänzt, die anderen Quellen entnommen wurden.
So finden sich auch Kopien von Stadtplänen, digitalisierte Fotopostkarten
oder in anderen Publikationen gefunden Bilder wieder. Die Verwendung dieser
fremden Quellen in eigenen Dokumenten ist jedoch für gewöhnlich
nicht ohne Erlaubnis des eigentlichen Urhebers zulässig, weil dieses
seine international oder national abgesicherten Urheberrechte berührt.
Wenn auf einer Einladung zu einer privaten Party ein Stadtplan als
Orientierungshilfe auf die Rückseite kopiert wird, so wird dieses
wohl kaum als Mißachtung des Urheberrechts verfolgt werden. Dient
die gleiche Stadtplankopie jedoch auf einer Homepage der Illustration
des Wohnortes oder der Lage eines Firmensitzes, so stellt dieses eine
weltweite Veröffentlichung dar, bei der eine Verletzung von
Urheberrechten durchaus eine Rolle spielt. Nicht nur bei der Veröffentlichung
von Schülerinnen und Schülern erstellten Dokumenten muß
dieses bedacht werden.
Ein anderes Problem stellt die Veröffentlichung von Inhalten dar, die von anderen Personen oder in anderen Kulturen als beleidigend, rassistisch oder pornographisch empfunden werden können. Ein Dokument kann in einem Land, in dem seine Verbreitung erlaubt ist, in das World Wide Web oder in Newsgruppen eingespeist werden und durch das Internet ohne besonderen Aufwand weltweit veröffentlicht werden. Dadurch wird es zugleich auch in anderen Ländern oder Kulturen verbreitet, in denen seine Veröffentlichung oder Verbreitung durch Gesetze verboten sein können. Ein Beispiel hierfür findet sich in WWW-Dokumenten unter dem Titel "Stormfront", die in den USA legal auf einem Rechner abgelegt werden konnten, hier in Deutschland aber als volksverhetzendes nationalsozialistisches Propagandamaterial verboten sind. Natürlich ist eine Veröffentlichung solcher Texte auch bisher mittels herkömmlicher Post aus dem Ausland möglich gewesen. Allerdings war der Kreis der Empfänger hier mehr oder weniger wohldefiniert, während im World Wide Web jedermann - auch Kinder und Jugendliche - mehr oder weniger zufällig darauf stoßen kann.
"Das Internet ist bisher ohne spezielle Gesetze ausgekommen. Es ist ein Raum, wo jeder nach seiner Fasson glücklich werden kann..."
Bisher sehe ich keine erfolgversprechenden Ansätze, die Interessen
des Staates als Ordnungsmacht zur Gewährleistung zum Beispiel von
Jugendschutz und Ehrschutz im Internet durch nationale Regelungen zu
vertreten.
Viele Nutzer des Internet sehen durch staatliche Kontrollversuche die
Meinungsfreiheit, die im Internet in besonderer Weise als hohes Gut gilt,
gefährdet. Als nach Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft
der Provider CompuServe im Dezember 1995 etwa 250 Newsgruppen sperrte, kam
es weltweit zu Protesten.
Tatsächlich würde meines Ermessens durch eine staatliche Zensur
beispielsweise der Newsgruppen eines der wichtigsten Charakteristika - die
praktizierte Meinungsfreiheit- angegriffen werden. Strafrechtlich relevante
Veröffentlichungen im Internet, die von einem Urheber in Deutschland
ausgehen, können natürlich auch auf der Grundlage der bestehenden
Gesetze verfolgt werden.
Da über die Einrichtung der thematisch klassifizierten und
hierarchisch strukturierten Newsgruppen aber typischerweise
"basisdemokratisch" anhand von Abstimmungen entschieden wird und
allgemeine Verhaltensregeln - die Netiquette einer Newsgruppe - zur Diskussion
gestellt und den Benutzern nahegelegt werden, erscheint mir diese Form der
Selbstkontrolle, die im wesentlichen auch funktioniert, geeigneter, einem
Mißbrauch dieser Foren entgegenzuwirken.
Da die genannten rechtlichen Probleme vielfach in der Presse diskutiert
wurden und werden, eignet sich hier ein Artikel aus der Fachpresse zum Einstieg
in die Problematik.
Folgende spezifische Lernziele von einer Unterrichtseinheit zu den
Rechtsproblemen halte ich für wesentlich:
Die Schülerinnen und Schüler sollen
Fußnoten:
35 Vgl. [SCHO95],
S. 44ff. und [LSW96], S. 60ff sowie diverse
Zeitungsartikel.
36 Vgl. [LSW96], S. 93f.
37 Vgl. [FRIE95] und
[WEIG96].
38 Natürlich stellt die Sicherung des
Datenschutzes auch ein Rechtsproblem dar und könnte insofern in dem folgenden
Abschnitt "Besondere Rechtsprobleme im Internet" berücksichtigt werden.
Aufgrund der Tatsache, daß Datenschutz seit jeher Inhalt des Informatikunterrichtes
ist, die weiter unten aufgeführten Rechtsprobleme jedoch völlig neue Inhalte
darstellen, halte ich eine Differenzierung für angemessen.
39 [RIKG90], S. 8.
40 Ebenda, S. 7.
41 Vgl. [PEWE96].
42 Die Netiquette einer Newsgruppe bzw. einer Hierarchie
von Newsgruppen beinhaltet keine von einer Institution verordneten Umgangsformen, sondern
werden in beständiger Diskussion von den Benutzern weiterentwickelt.
Über Änderungsvorschläge wird jeweils in den Newsgruppen abgestimmt,
wobei jeder Benutzer Stimmrecht hat. Die Befolgung der Netiquette wird den Benutzern
(zum Beispiel von den anderen Benutzern) jeweils nahegelegt, wodurch eine gewisse
Selbstkontrolle gewährleistet ist.
43 Eine Einstiegsgeschichte findet sich zum Beispiel
auf Seite 91 bzw. in [DREH96].
44 Vgl. [PEWE96].
45 Um ihre Handhabung zu vereinfachen, kann man ggf.
eine Schnittstelle dazwischenschalten, wie es in der Unterrichtsreihe "Grundlagen der
Protokollsprachen des Internet" geschieht.
46 Vgl. [SP1296], S. 130.
47 Weitere Beispiele finden sich in [SCHI96].
48 Vgl. [SCHW91].
49 [LSW96], S. 89.
50 Dieses wird in [LSW96], S. 89 als Szenario-Technik beschrieben.
51 Vgl. [BFD95], S. 81.
52 [RLSI93], S. 38.
53 Wiederum verweise ich hier auf [DREH96].
54 Vgl. [SP1196],
S. 74, wo neben einem kritischen Bericht das beanstandete Dokument auch gleich durch die
Veröffentlichung seiner Adresse der Leserschaft leichter zugänglich gemacht wurde.
55 Die Wahrscheinlichkeit für ein zufälliges
Auffinden solcher Dokumente dürfte aber angesichts der Vielzahl von Publikationen
im World Wide Web recht gering sein.
56 [JORT96].
57 Vgl. ebenda.
58 Vgl. [KOMÖ96]
und [SP1196].
59 Mit [KOMÖ96]
konnte ich in meinem eigenen Informatikunterricht in der Sekundarstufe II recht gute
Erfahrungen machen.